25 Jahre ETF-Handel: Interview-Serie #1
25 Jahre ETF-Handel: Interview-Serie #1 Claus Hecher, Regional Head of ETF Sales DACH and Nordics, BNP Paribas AM
Vor 25 Jahren, am 11. April 2000, schrieb die Deutsche Börse Geschichte: Als erste Börse Europas startete sie den Handel mit ETFs. Anlässlich unseres Jubiläums blicken wir auf die Erfahrungen einiger ETF-Pioniere zurück.
Wir starten unsere Interview-Reihe mit Claus Hecher, Regional Head of ETF Sales DACH and Nordics, BNP Paribas AM.
Herr Hecher, wie haben sich die Anlegerbedürfnisse und das Anlageverhalten seit der Einführung von ETFs verändert?
Als ich 2008 ins ETF-Geschäft einstieg und den Vertrieb für iShares in Deutschland aufbaute, existierte mit Lyxor eigentlich nur ein weiterer nennenswerter Anbieter. Mit unserer Strategie setzten wir darauf, überwiegend institutionelle Investoren, Dachfonds und die Vermögensverwaltungen führender Banken von Aktien-ETFs als die bessere Alternative zu klassischen Publikumsfonds zu überzeugen. Die zentralen Argumente lagen dabei in den niedrigeren Kosten, der transparenten Struktur sowie der erfolgreichen Performance im Vergleich zur durchschnittlichen Wertenwicklung aktiv gemanagter Fonds.
Welche Entwicklungen haben Sie in den letzten 25 Jahren am meisten überrascht?
Überraschend für mich waren weniger die neuen Trends als vielmehr die teils beeindruckend hohe Geschwindigkeit, mit der ETFs adaptiert wurden. Besonders hervorzuheben war das Wachstum der Anleihen-ETFs, der rasante Boom nachhaltiger ETFs sowie die Erfolgsgeschichte der mittlerweile bedeutenden Gruppe der Privatanleger, die als selbstbestimmte Investoren an den Kapitalmärkten investieren oder regelmäßig über ETF-Sparpläne Vermögensaufbau realisieren. Zudem waren einige Wellen von Gebührensenkungen bei verschiedenen Anbietern überraschend, durch welche ETF-Investoren von attraktiven Gebühren profitieren können.
Gab es bestimmte Momente in Ihrer Karriere mit ETFs, die Ihnen in Erinnerung geblieben sind?
Interessant fand ich besonders den offen ausgetragenen Glaubenskrieg zwischen physischer und synthetischer Replikation ab ca. 2010. Synthetische Replikation wurde damals aus Effizienzgründen von neuen Anbietern aus dem Kapitalmarktgeschäft von Investmentbanken wie etwa X-trackers, Comstage und Lyxor anboten. Letztendlich haben die physischen ETFs das Rennen für sich entschieden, obwohl es das ein oder andere Exposure gibt, etwa bei US Large Caps Indizes, fürdas synthetische Replikation Vorteile bietet. Im Laufe der Jahre wurden die von Banken angebotenen ETFs in den Bereich Asset Management überführt. Unvergessen bleiben zudem herausfordernde Marktphasen mit hoher Volatilität wie die Finanzkrise im Jahr 2008 oder der kurze Markteinbruch zu Beginn der Covid-Pandemie, in denen sich die Liquidität der ETFs als nützlich erwiesen hat.
Welche Ratschläge würden Sie neuen Anlegern geben, die in ETFs investieren möchten?
Vor einer Investition soll sich ein Anleger darüber bewusst sein, wie lange sein Anlagehorizont ist. Für langfristige Anlagen kann er den passenden Mix aus Aktien- und Anleihenindizes wählen und gegebenfalls um Rohstoff- oder Goldexposure ergänzen, um das Portfolio zu diversifizieren. Entscheidend ist dabei die Auswahl geeigneter Indizes bzw. ETFs. Soll es ein Standardportfolio sein oder eines, das Nachhaltigkeitskriterien berücksichtigt? Wichtige Auswahlkriterien sind sowohl die Gebühren als auch die relative Performance von ETFs auf gleiche Indizes unterschiedlicher Anbieter. Zudem steht oft die Möglichkeit zwischen ausschüttenden und wideranlegenden ETFs zur Wahl. Die Replikationsmethode ist Geschmackssache, und auch das Fondsdomizil kann eine Rolle spielen. Nicht zu vergessen ist die Liquidität an der Börse und die Frage, wie eng die Geld-Brief-Spanne im Handel ist.
Wir haben auf Xetra rund 2.400 ETFs gelistet. Gib es noch Raum für Innovationen?
ETFs waren schon immer ein Katalysator für Innovationen. Nach Anleihen, Nachhaltigkeit, Factor Investing und thematischen Ansätzen stehen jetzt aktive ETFs am Beginn einer neuen Innovationswelle. Zudem könnte eine Kombination aus Marktexposure und Absicherungsstrategien künftig eine sinnvolle Ergänzung der ETF-Landschaft darstellen.